16. Jahrhundert
Die Ursprünge der reformierten Gemeinde Gruiten liegen weitgehend im Dunkel der Geschichte. Schriftliche Zeugnisse aus dem 16. Jahrhundert und selbst bis über das Ende des Dreißigjährigen Krieges hinaus sind nicht nur in Gruiten selten. Die wenigen bekannten Zeitzeugnisse lassen eine exakte Datierung der Entstehung einer evangelisch gesinnten Gemeinde in Gruiten nicht zu; trotzdem ist davon auszugehen, dass sie bereits im 16. Jahrhundert bestand. Dass die Reformation nur in Schöller, das bereits 1589 durch einen Prediger an der ersten Bergischen Synode der Reformierten beteiligt war, Einzug gehalten hat, ohne dass Gruiten davon berührt gewesen wäre, ist schon allein wegen der engen verwandtschaftlichen und nachbarschaftlichen Verbindungen zwischen Gruiten, Obgruiten und Schöller unwahrscheinlich. Hinzu kommt, dass die herrschaftlichen Grenzziehungen dazu geführt hatten, dass einige Gruitener Höfe (Hermgesberg, Pelzers, Beusenberg z.B.) näher an Schöller als am Dorf Gruiten lagen. Und umgekehrt lagen fast alle Höfe von Obgruiten (das kirchlich zu Schöller gehörte!) viel näher am Dorf Gruiten als an Schöller. Gruiten und Schöller werden in dieser Zeit häufig in einem Atemzug genannt, wenn es um die evangelischen/reformierten Gemeinden geht.
1604
Gruitens katholischer Pastor verklagt den reformierten Pastor in Schöller bei der Regierung, dass dieser ihm seine Gemeinde entführe. Die weltliche Obrigkeit vertreibt daraufhin den reformierten Pastor Viti aus Schöller, so dass die Reformierten in Schöller und Gruiten nun ohne Prediger sind.
1605
Erste Erwähnung Gruitens in den Protokollen der (reformierten) Bergischen Synode: "Es ist auch begehrt worden von den kirchen zu Grüten und Schöller, daß das verfallen werk der christlichen disciplin bei ihnen widerumb möchte angefangen werden, [...]". (Eines der Zeugnisse dafür, dass in Gruiten bereits vor dieser Zeit eine Gemeinde bestand, die sich von der katholischen Kirche abgewandt hatte.)
1609
Anerkennung aller christlichen Religionen durch den Kurfürsten von Brandenburg und den Pfalzgrafen von Neuburg. "Diese neue Lage veranlaßte damals die reformierten Gemeindeglieder von Gruiten und Schöller sehr schnell, ohne Rücksicht auf das Besetzungsrecht der Kirchenpatrone, den reformierten Henricus Hombergensis als Pfarrer [...] der beiden Gemeinden zu berufen. Es wurde ihm das katholische Küster- und Schulhaus Kremers [in Gruiten!] zur Wohnung bereitgestellt." (zitiert aus: Fritz Breidbach, Gruiten..., 1970)
1611
Joannes Lethmath, ursprünglich katholischer Priester in Gruiten, wird als reformierter Prediger der Gemeinde Gruiten in die Bergische Synode aufgenommen. Nach Lethmathes Tod (1615) wird jedoch vom Kloster Gräfrath wieder ein katholischer Priester in Gruiten eingesetzt und den Reformierten durch die weltliche Obrigkeit die Nutzung der Kirche (Ende des 11. Jh. erbaut) und des Pfarrgutes untersagt. Die Reformierten hielten sich daraufhin wieder an die Nachbargemeinden.
1617-1673
Auch während des 30-jährigen Krieges ist die reformierte Gemeinde Gruiten nicht zerfallen: 1647 nimmt wieder ein Ältester aus Gruiten an einer Synode teil. 1665 bis 1670 nehmen Gruitener Reformierte an mehreren Synoden teil, um sich Unterstützung gegen die Einschränkung ihrer Rechte zu sichern. Dabei wird deutlich und durch vereidigte Zeugen bestätigt, dass sie von 1617-1660 die ehem. kath. Schule besessen und darin reformierten Schulunterricht und Gottesdienst abgehalten haben.
1674
Nachdem (auch) der reformierten Gemeinde Gruiten durch den Religionsvergleich der regierenden Fürsten das Recht auf öffentliche Religionsausübung zugesprochen worden ist, endet die etwa 100-jährige wechselvolle Zeit, in der die Gemeinde zumeist nur im Verborgenen bestehen konnte.
1675
Mit dem Prediger Thomas Kolhagen beginnt die bis heute andauernde Zeit, in der die reformierte Gemeinde Gruiten ununterbrochen einen eigenen Prediger/Pastor/Pfarrer hat. Von nun an werden Taufen, Eheschließungen und Todesfälle in Kirchenbüchern aufgezeichnet und die Beschlüsse des Konsistoriums/Presbyteriums in Protokollbüchern festgehalten.
1678
Die Gemeinde erhält ein Siegel; es ist durch die Jahrhunderte bis in die Gegenwart unverändert geblieben.
1682
Bau des Predigthauses. Bis dahin war der Gottesdienst in Privathäusern abgehalten worden, denn die Nutzung der Ende des 11. Jahrhunderts erbauten Gruitener Kirche war der reformierten Gemeinde 1611 verboten worden. Auch hatte der Prediger bis dahin keine eigene Wohnung in Gruiten und wohnte mit seiner Familie abwechselnd auf den umliegenden Höfen. Nun zog er ins Predigthaus, musste sich aber die wenigen dort vorhandenen Räume bis etwa 1696 mit dem Lehrer teilen. Das Predigthaus diente 225 Jahre lang (auch) als evangelische Schule (bis 1906).
1696
Kauf einer alten strohgedeckten Kate in der Nähe des Predigthauses als Wohnung für den Prediger und seine Familie. Das Haus ist aber in so schlechtem Zustand, dass es nicht erhalten werden kann, sondern später abgerissen werden muss. An dessen Stelle wird 1764 dann das Pfarrhaus gebaut.
1719-1721
Bau der Kirche auf dem bis dahin freien Platz zwischen dem Predigthaus und der später abgerissenen alten Kate. Die äußere und innere Schlichtheit des Kirchengebäudes und die im Gegensatz dazu aufwändig geschnitzte Kanzel sind Zeichen für das reformierte Bekenntnis der Gemeinde. Eine Glocke konnte aus Geldmangel erst etwas später angeschafft werden; sie läutete erstmals im Dezember 1722.
1764
Fertigstellung des Pfarrhauses auf dem Grundstück der verfallenen Kate. Damit ist das Ensemble aus Predigthaus, Kirche und (altem) Pfarrhaus – das Herzstück des historischen Dorfes Gruiten – komplett. In diesem Pfarrhaus wohnen in den folgenden knapp 200 Jahren die Pastorenfamilien, danach von 1964 bis 2005 die Küsterfamilien. Seit 1965 befindet sich (auch) das Gemeindeamt darin.
1835
Die in Gruiten wohnenden Lutheraner, die bisher der lutherischen Gemeinde Mettmann angehörten, schließen sich der reformierten Gemeinde Gruiten an.
1839
In die Kirche wird die erste Orgel eingebaut (1939/40 durch eine zweite, 1991 durch eine dritte ersetzt). Das Orgelgehäuse ist bis heute fast unverändert erhalten geblieben.
1863
Die Gemeinde legt einen neuen Friedhof an. Bis dahin wurden auch die Reformierten auf dem wahrscheinlich schon 1445 entstandenen Friedhof an der Gruitener Kirche aus dem 11. Jahrhundert beerdigt.
1884
Anbau eines Gemeindesaals an das Pfarrhaus von 1764. Er ist schon bald zu klein, so dass kurz vor dem 1. Weltkrieg das Gemeindehaus gebaut wird.
um 1890
In dieser Zeit entstehen die meisten Vereine und Chöre der Gemeinde.
1902
Durch Ministererlass werden fast alle Obgruitener Reformierten in die Kirchengemeinde Gruiten eingegliedert. Bisher gehörten sie zur Kirchengemeinde Schöller.
1905
Die Elektrizität hält Einzug in Gruiten. Bisher leuchteten Petroleumlampen in der Kirche; jetzt strahlt dort erstmals elektrisches Licht.
1913/14
Bau des Gemeindehauses mit großem Gemeindesaal. Hier befindet sich bis 1965 auch das Gemeindeamt, von 1945 bis 1990 der Kindergarten und ab 1992 der Kinderhort.
1924
Als Ersatz für die im 1. Weltkrieg (1917) eingeschmolzene Kirchenglocke wird eine neue angeschafft.
1945
Das Kirchenfenster mit den kleinen Glasscheiben von 1721 zur Erinnerung an die Personen, die sich um den Bau der Kirche besonders verdient gemacht haben, wird durch einen Bombenangriff zertrümmert. Nur 5 der Erinnerungsscheiben bleiben unversehrt und werden 1948 in ein neues Fenster eingefügt.
Gründung des Kindergartens (bis 1990 im Gemeindehaus).
1954
Die Kirche erhält neue Glocken. Die alten waren während des 2. Weltkrieges (1942) eingeschmolzen worden.
1961
Fertigstellung des neuen Pfarrhauses (zwischen Gemeindehaus und Friedhof gelegen).
1990
Umzug des Kindergartens in moderne und großzügige Räume (umgebaute Fabrikhalle der ehem. Weberei Edelhoff).
1992
Eröffnung des Kinderhorts im Anbau des Gemeindehauses.
1994
Fertigstellung des neu erbauten Elisabeth-Strub-Hauses und Erstbezug der darin zur Verfügung stehenden Seniorenwohnungen.
2002
Die Kirchturmspitze ist von Wind und Wetter so stark geschädigt, dass sie vollkommen erneuert werden muss. Nun ziert eine Kopie des Posaunenengels von 1721, aus vergoldetem Edelstahl gefertigt, die Spitze des Kirchturms.